Jürgen Trittin: Welt um Welt
Mit der Debatte um die private Nutzung von Bonusmeilen durch Bundestagsabgeordnete ist der Begriff Moral wieder in der politischen Auseinandersetzung aufgetaucht. Dabei erregt es keine Aufmerksamkeit, da� die meisten Bundestagsabgeordneten zu den Vielfliegern geh�ren. Es geht lediglich um die Aneignung von Steuergeldern, nicht jedoch um Aneignung bzw. exorbitante Nutzung nat�rlicher Ressourcen. Anders ist dies im Buch �Welt Um Welt� von J�rgen Trittin. �Der Flugverkehr, von der Urlaubsreise �ber Gesch�ftsreise bis zur Luftfracht, hat rapide zugenommen - die Kosten dagegen haben abgenommen�, schreibt er und schildert die �kologischen Folgen dieser Entwicklung, auch anhand der Situation der Eisb�ren im Zusammenhang mit der Erderw�rmung oder der naturzerst�renden Wirkung der Massenproduktion von Shrimps.
Im Kern der Problemfelder erkennt Trittin die Kapitalrendite als �einziges Erfolgskriterium�. Dem soll eine �kologische Langfristorientierung gegen�bergestellt werden. Trittin leitet den Handlungsdruck davon ab, da� die Wirtschaftsweise des Nordens angesichts der �kologischen Ressourcen nicht global tragf�hig ist. Der derzeitige Lebensstil des Nordens kann - aufgrund der Grenzen des �kosystems - nicht globalisiert werden. An dieser Entwicklungsform orientieren sich die L�nder des S�dens. Deswegen ist im Norden, der als fehlentwickelt beschrieben wird, eine grunds�tzlich neue Zielausrichtung notwendig: ein ��kosozialprodukt� statt eines Bruttosozialprodukts.
Die L�sung der ph�nomenologisch beschriebenen Gesamtproblematik sieht Trittin in einer verst�rkten globalen Regulation nach �kologischen Gesichtspunkten. Ein Instrument in der umfassenden Internalisierung von �kologischen und sozialen Kosten: eine ��koeffizienz� soll angestrebt werden, z. B. im Flugverkehr. Konkrete Beispiele f�r Regulationen w�ren die Einf�hrung �absoluter Obergrenzen f�r den Verbrauch endlicher Ressourcen� oder die Tobinsteuer, die er f�r sinnvoll erachtet.
Entsprechend dieser Forderungen m�chte Trittin die �Dominanz von G8, IWF und WTO� einschr�nken und daf�r die Kompetenzen der UN-Organisationen ausweiten. Die Vereinten Nationen sind der Rahmen, in dem eine �kologische Zieldefinition weltweit durchgesetzt werden kann. Kritische Einw�nde zum Rio+10-Proze� wie den von Kofi Annan, der immerhin von R�ckschritten schrieb, blendet Trittin aus. Ambivalent bleibt auch die Rolle der EU. Zum einen wird sie als M�glichkeit betrachtet, europ�ischen Umweltinteressen international Gewicht zu verleihen, zum anderen sind die Subventionen (vor allem im Agrarbereich) auch ein Grund f�r die weltweite soziale und �kologische Ungerechtigkeit.
Trittin wei�, da� �internationale Konzerne auf nationale Regierungen erheblichen Druck aus�ben� k�nnen. Leider bleibt offen, was dies f�r die vergangenen vier Jahre als Umweltminister bedeutete. So bleiben die Akteure schematisch und fast schon steril. Der Proze� der Ver�nderung ist in dieser Publikation kaum an eine Betrachtung von politischen Kr�fteverh�ltnissen gekoppelt.